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Die Lage der deutschen Papierindustrie ist angespannt - und ein Ende der Abwärtsspirale ist nicht absehbar: In den vergangenen zehn Jahren sank die Nachfrage nach grafischem Papier etwa für Zeitungen, Bücher oder Prospekte um 40 Prozent.

Zahlreiche Unternehmen gingen in die Insolvenz, Produktionen wurden stillgelegt oder auf Verpackungen und Kartons umgestellt. "Der aktuelle Mangel bei Zellstoff und Altpapier sowie die steigenden Energiepreise verschärfen die Situation der Unternehmen zunehmend", sagt Michael Karrenberg, Regional Director Risk Services beim internationalen Kreditversicherer Atradius, angesichts jüngster Daten über die steigenden Meldungen von Zahlungsausfällen.

Mehr als 75 Prozent der über 600 deutschen Papierunternehmen leiden derzeit unter akutem Rohstoffmangel - mit direkten Auswirkungen auf Abnehmer, wie Druckereien, Verlage, Verpackungs- und Kartonhersteller oder auch Pharmaunternehmen, die keine Beipackzettel drucken können.

"Die hohe Nachfrage insbesondere aus Asien und China kann nicht bedient werden, 90 Prozent der Abnehmer, mit denen wir in Kontakt stehen, berichten von Lieferproblemen", sagt Michael Karrenberg.

Mit gravierenden Folgen: Nach einer internen Analyse von Atradius lagen die von deutschen Papierunternehmen verursachten Nichtzahlungsmeldungen im ersten Quartal um 60 Prozent über dem Vorjahreswert. Dazu beigetragen hat nach Ansicht von Atradius ein Mix aus dem Auslaufen der Corona-Hilfen sowie die steigenden Preise für Rohstoffe und Energie. Das bedeutet, das mehr als die Hälfte der deutschen Papierhersteller ihren Zahlungsverpflichtungen aktuell nicht nachkommen kann. "Verschärft sich die aktuelle Krise in der Ukraine, wird es auch in der deutschen Papierindustrie zu einer deutlichen Marktkonsolidierung kommen und einige Unternehmen werden vom Markt verschwinden."

Sorgen dürfte der Papierindustrie auch die anhaltende Diskussion um ein russisches Gas-Embargo bereiten. Der Prozess der Papierherstellung ist sehr energieintensiv und schon vor der Ukraine-Krise machte sich die gestiegenen Energiepreise bei einigen Unternehmen bemerkbar, bis hin zum Abstellen der Produktion. Zum Hintergrund: Der Erdgasanteil am Gesamtbrennstoffeinsatz liegt aktuell bei 55 Prozent. Eine Umstellung auf andere Energieträger ist nach Angaben des Verbands der deutschen Papierindustrie problematisch. Lediglich 10 bis 15 Prozent des Erdgasbezugs in der deutschen Papierindustrie (rund 3 TWh Erdgas) wären aus Sicht des Verbands noch in diesem Jahr ersetzbar. "Ein Gas-Stopp aus Russland würde die Branche hart treffen", urteilt auch Michael Karrenberg.

Die weitere Entwicklung der deutschen Papierindustrie ist nach Ansicht von Michael Karrenberg schwer abzusehen. Bei einer Fortdauer der Ukraine-Krise bei gleichzeitig hohen Energiekosten und anhaltendem Rohstoffmangel, dürfte sich nach seinen Worten die Marktkonsolidierung insbesondere im Bereich der grafischen Papiere beschleunigen. "Viele Unternehmen werden nicht dauerhaft am Markt bestehen können." In anderen Segmenten, wie etwa Hygienepapieren oder Verpackungen sei die Lage aufgrund der anhaltenden Nachfrage und des stabilen Bedarfs weniger gravierend. Für alle Marktteilnehmer gilt aktuell, geeignete Maßnahmen wie etwa Preisgleitklauseln zu nutzen oder den Umstieg auf alternative Energien, zu ergreifen, um drohenden Zahlungsausfällen vorzubeugen. Auf der anderen Seite empfiehlt Atradius den Lieferanten der deutschen Papierindustrie, sich ein genaues Bild von der Liquiditätssituation ihrer Kunden zu machen, ehe der Vertragsabschluss erfolgt, gegebenenfalls auch mit einem externen Partner. Sollte sich danach das Risiko eines Forderungsausfalls als zu groß erweisen, empfiehlt die Kreditversicherung, auf sichere Zahlungsmethoden zu setzen, beispielsweise Direktzahlung.

Quelle: Atradius Kreditversicherung  

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