Die Lage für die E-Schrott-Branche ist gegenwärtig schwierig. Dabei machen den Recyclingunternehmen nicht nur die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, wie Bernhard Jehle, bvse-Vizepräsident und Vorsitzender des Fachverbandes Schrott, E-Schrott und Kfz-Recycling in einem Interview deutlich machte.
Der Entwurf des neuen ElektroG wurde vor einigen Wochen vorgestellt. Wie bewerten Sie diesen aus der Perspektive der mittelständischen Recycling- und Entsorgungswirtschaft?
Bernhard Jehle: Leider fällt unser Urteil insgesamt enttäuschend aus. Der Entwurf bleibt weit hinter unseren Erwartungen zurück. Die Bundesregierung verpasst hier eine wichtige Chance, das Sammeln und die sichere Entsorgung von Elektroaltgeräten zu verbessern. Der wohl einzig positive Aspekt ist, dass die fachgerechte Annahme durch geschultes Personal am kommunalen Wertstoffhof beibehalten werden soll. Doch das ist bei Weitem nicht genug.
Gab es seitens des bvse Vorschläge zur Verbesserung?
Bernhard Jehle: Ja, definitiv. Die Entsorgungsverbände haben intensive Gespräche geführt, unter anderem mit der Staatssekretärin im BMUV. Dabei haben wir Vorschläge zur Verbesserung des ElektroG eingebracht, insbesondere zur Minimierung der Brandrisiken in der Vorkette. Bedauerlicherweise scheiterten diese Vorschläge am Widerstand des Kanzleramts und insbesondere der FDP, da diese die Herstellerseite nicht weiter belasten wollte.
Welche Änderungen erwarten Sie im parlamentarischen Verfahren?
Bernhard Jehle: Großartige Änderungen erwarten wir leider nicht. Allenfalls wird diskutiert, ob der Handel nun Geräte bis zu einer Größe von 25 cm oder 50 cm zurücknehmen soll. Doch das sind Randdebatten, die das eigentliche Problem der Altgeräterücknahme nicht wirklich angehen.
Sie haben Brandrisiken angesprochen. Wie geht die Branche mit diesem Thema um?
Bernhard Jehle: Das Thema Brandschutz ist eine große Herausforderung, und wir sind bereits sehr aktiv. So haben sich die Branchenverbände BDE, BDSV und VDM auf Anregung des bvse in einem Brief an den Bundeskanzler gewandt, was für Bewegung in der Sache gesorgt hat. So hat ein Spitzengespräch mit der Leitung der Umweltabteilung im Kanzleramt Mitte Oktober stattgefunden. In einem nachfolgenden Gespräch werden wir auch im Bundesumweltministerium das Thema weiter forcieren. Außerdem haben Eric Rehbock und ich ein Gespräch mit Björn Simon, dem Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Kreislauf- und Abfallwirtschaft geführt. Wir kämpfen auf allen Ebenen für unser Anliegen, denn wir müssen zu einer wirksamen Lösung kommen.
Neben dem ElektroG steht auch die nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie im Fokus. Wie bewerten Sie den aktuellen Stand?
Bernhard Jehle: Der Endbericht zur Kreislaufwirtschaftsstrategie ist im Kern ein Bekenntnis zu mehr Recycling, aber konkrete Zielvorgaben oder Zeitpläne fehlen größtenteils. Auch in Bezug auf Normungen gibt es Lücken. Eine gezielte Förderung wäre wichtig, damit auch kleinere und mittelständische Unternehmen aktiv an den Normierungsprozessen teilnehmen können. Andernfalls profitieren wieder nur die großen Konzerne.
Ein weiteres Thema ist die Verordnung zur Abfallverbringung. Wie wirkt sich der aktuelle Vorschlag der EU-Kommission darauf aus?
Bernhard Jehle: Der neue Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass die Verbringung von Elektroschrott – sowohl gefährlicher als auch nicht gefährlicher – in Nicht-OECD-Länder verboten wird und in OECD Staaten einem strengen Notifizierungsverfahren unterliegt. Darüber hinaus sollte aber auch der innereuropäische Abfalltransport ungefährlicher Elektroschrotte notifizierungspflichtig werden. Über unseren europäischen Dachverband EuRIC haben wir insbesondere diesen Vorschlag kritisiert, da er die Branche massiv treffen würde. Bis zum 1. Januar 2027 sollen die aktuellen Regeln für ungefährlichen Elektroschrott innerhalb Europas noch beibehalten werden. Das verschafft uns etwas Zeit.
Was wäre für eine zügige Umsetzung der Verordnung notwendig?
Bernhard Jehle: Zunächst einmal müssen die Behörden in die Lage versetzt werden, die Notifizierungsverfahren effizient zu bearbeiten. Hier braucht es unbedingt eine digitale Infrastruktur, um die Prozesse zu beschleunigen und die nötige Transparenz und Effizienz zu gewährleisten.
Was wünschen Sie sich insgesamt von der Politik?
Bernhard Jehle: Die Politik muss die Kreislaufwirtschaft strategischer und konsequenter fördern und hierbei vor allem auf die Sicherheit und Effizienz in der Erfassung und Entsorgung von Elektroaltgeräten setzen. Um wertvolle Sekundärrohstoffe gewinnen zu können, müssen die Prozesse der Erfassung besser auf die Behandlung abgestimmt werden. Ein einheitlicher und praxisnaher Rahmen wäre eine große Unterstützung für unsere Branche.