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Ein Interview mit Eric Rehbock, Hauptgeschäftsführer des bvse-Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V.

0221 eric rehbockHerr Rehbock, Sie sprechen oft davon, dass die Zertifizierung zum Entsorgungsfachbetrieb eine Erfolgsgeschichte ist. Was macht dieses System so besonders?

Eric Rehbock: Der Status „Entsorgungsfachbetrieb“ ist seit seiner Einführung ein echtes Gütesiegel. Er ist gesetzlich verankert in § 56 Kreislaufwirtschaftsgesetz und in der Entsorgungsfachbetriebeverordnung.

Die Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb schafft Vertrauen – bei Kunden, Behörden und in der Öffentlichkeit. Es ist inzwischen gelungen, einen verbindlichen Qualitätsstandard zu etablieren, der sich kontinuierlich an rechtliche Vorgaben und technische Entwicklungen anpasst. Damit haben wir in der Branche ein gesetzlich verankertes und behördlich kontrolliertes System, das nicht nur Papier ist, sondern tagtäglich gelebte Praxis.

Oft wird die EfB-Zertifizierung mit klassischen Qualitäts- oder Umweltmanagementsystemen wie ISO 9001, ISO 14001 oder EMAS verglichen. Ist dieser Vergleich aus Ihrer Sicht stimmig?

Eric Rehbock: Nein, ein direkter Vergleich greift zu kurz. Die klassischen Systeme bieten zwar wichtige Strukturen, sind aber ursprünglich auf Produktionsbetriebe zugeschnitten. Die EfB-Zertifizierung hingegen berücksichtigt die speziellen Anforderungen von Entsorgungs- und Recyclingunternehmen sehr viel umfassender. Viele Elemente, die man in ISO oder EMAS findet, sind ohnehin Bestandteil der EfB-Zertifizierung. Deshalb ist eine zusätzliche Zertifizierung für unsere Branche nicht erforderlich und sogar kontraproduktiv.

Nun sieht der aktuelle Referentenentwurf zur Änderung der Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung (BioSt-NachV) zusätzliche Zertifizierungspflichten vor. Wie bewertet der bvse das?

Eric Rehbock: Sehr kritisch. Dieser Entwurf schafft eine unnötige parallele Zertifizierungslandschaft. Statt auf bewährte Systeme zurückzugreifen, baut man Doppelstrukturen auf, die Unternehmen wie Behörden gleichermaßen belasten. Das ist weder effizient noch sinnvoll.

Befürworter zusätzlicher Zertifikate argumentieren mit höheren Umweltstandards. Bringt das aus Ihrer Sicht einen Mehrwert?

Eric Rehbock: Nein, ganz im Gegenteil. Das System ist etabliert, bewährt und weit verbreitet. Mit einer ausschließlichen Anerkennung der EfB-Zertifizierung könnten wir Bürokratie deutlich reduzieren und gleichzeitig hohe Umweltstandards sicherstellen.

Neben der BioSt-NachV steht auch die Umsetzung der EU-Industrieemissionsrichtlinie im Fokus. Welche Folgen erwarten Sie hier für die Unternehmen?

Eric Rehbock: Wenn die Entwürfe des Bundesumweltministeriums Realität werden, drohen zusätzliche Berichtspflichten und Zertifizierungsauflagen – vor allem für kleine und mittelständische Betriebe. Das widerspricht dem, was im Koalitionsvertrag versprochen wurde. Dort ist klar von einem Bürokratieabbau die Rede, mit dem Ziel, Verwaltungskosten um 25 Prozent zu senken. Stattdessen gehen die Entwürfe zur 45. BImSchV in die entgegengesetzte Richtung.

Besonders diskutiert wird die Ausgestaltung des Umweltmanagementsystems. Was genau kritisieren Sie daran?

Eric Rehbock: Die europäische Richtlinie gibt lediglich Mindestinhalte für Umweltmanagementsysteme vor. Das Bundesumweltministerium will nun aber faktisch eine Verpflichtung schaffen, sich nach ISO 14001 oder EMAS zertifizieren zu lassen. Eine solche Kopplung ist im europäischen Rechtsrahmen nicht vorgesehen. Und sie ist auch unnötig, weil es mit der EfB-Zertifizierung bereits ein etabliertes, behördlich begleitetes System gibt. Es integriert Elemente eines Umweltmanagementsystems und wirkt branchenspezifisch. Zusätzliche Zertifikate treiben nur den Bürokratieaufwand und die Kosten in die Höhe. Das sind unnötige Belastungen, die mittelständische Betriebe überfordern – ohne Mehrwert für Umwelt oder Ressourcenschutz.

Was ist ihr Appell an die politischen Entscheidungsträger?

Eric Rehbock: Die Zertifizierung zum Entsorgungsfachbetrieb ist ein Erfolgsmodell, das sich bewährt hat. Es verbindet Qualität, Vertrauen und Umweltschutz auf praxisnahe Weise. Was wir jetzt brauchen, ist weniger Bürokratie und mehr Anerkennung bestehender Systeme – nicht zusätzliche Lasten, die die Betriebe schwächen, ohne die Umwelt zu stärken.

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