AfB social & green IT feiert seinen 20. Geburtstag! Dazu hat das Unternehmen seinen Gründer Paul Cvilak interviewt, der zum ersten Mal so offen über die Anfänge, Entwicklungen und Erfolge des Unternehmens plaudert.
Interview der AfB social & green IT
Hallo Paul! Weißt du noch, was du am 04.10.2004 gemacht hast?
Ich bin abends ins Bett gegangen und habe mich gefragt: Ob das gut geht? (lacht) Im Ernst, das war vermutlich kurz nachdem ich den Handelsregistereintrag veranlasst habe.
Wenn du in die Vergangenheit reisen könntest und deinem damaligen Ich mitteilen könntest, dass AfB zu Europas größtem gemeinnützigen IT-Unternehmen herangewachsen ist – was würde der Paul von damals wohl sagen?
Ich hätte es nicht geglaubt. Kein Mensch hat an sowas gedacht. Als ich das Unternehmen gegründet habe, wusste ich über Inklusionsfirmen und Gemeinnützigkeit noch gar nichts. Es war ein Sprung ins kalte Wasser.
Hattest du jemals Zweifel an deiner Idee?
Ich hatte vorher bereits eine Leasing-Firma und kannte somit bereits viele Bereiche wie Abholung, Datenlöschung und dergleichen. AfB war nicht meine Hauptfirma und es war anfänglich kein allzu großes Risiko.
Ich habe daran geglaubt, dass die Aufarbeitung von gebrauchten Computern in einem Betrieb von Menschen mit und ohne Behinderung erledigt werden kann. Es war quasi ein Test – der sehr positiv verlief.
Das AfB-Konzept hätte ja auch nicht erfolgreich sein können.
Hätte es und viele fragen mich: Mensch, wie hast du das damals gemacht und geplant? Als ich angefangen habe, musste man CSR (Corporate Social Responsibility) noch buchstabieren und erklären.
Damals hat man über viele Themen von heute noch nicht nachgedacht. Diese grüne Welle, also die zunehmende Wichtigkeit von Themen wie Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und alles, was damit zusammenhängt – es wäre gelogen, zu sagen, dass ich all das absehen konnte. Diese Entwicklung war für unser Geschäftsmodell sehr vorteilhaft.
Wenn dir damals jemand die Frage gestellt hätte nach Ziel und der Vision von AfB, was hättest du geantwortet?
Ziel und Vision haben wir ja als i500 (Initiative 500 gemeinnützige Aktiengesellschaft – die Muttergesellschaft von AfB - hat sich die Schaffung von 500 Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderung als Ziel gesetzt), damals gab es nur AfB. Und AfB hatte es damals nicht so leicht. Die Sozialbehörden haben uns kritisch beäugt: Wie kann eine Privatperson so etwas machen? Das sei doch Thema der Wohlfahrtsverbände.
Erst einige Jahre später haben wir die i500 gegründet. Eine gAG hat eine sehr transparente Struktur. Und wir hatten damals immerhin schon 150 Mitarbeitende. Das kam gut an und hat uns Türen bei Behörden und Kunden geöffnet.
So sind wir erst zum gemeinnützigen Inklusionsunternehmen geworden und haben die Vision, 500 Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung zu schaffen, entwickelt. Aber auch dann blieb es herausfordernd. Für Inklusionsunternehmen existieren in allen Bundesländern andere Regelungen.
Wie hast du diese Bürokratie gemeistert?
Ich habe mich sehr intensiv durchgewühlt. Nachdem wir in Düren den Vorläufer der dortigen AfB-Niederlassung übernommen hatten, haben wir gute Unterstützung von Monika Braun bekommen. Sie ist heute noch eine große Hilfe, hat ein großes Netzwerk zu den Sozialbehörden und sitzt im Aufsichtsrat unserer Gruppe.
Was waren aus Gründersicht bislang die bedeutenden Meilensteine von AfB?
- Die erste Niederlassung – in Nürnberg. Wir haben dem Vorstand von DATEV unser Konzept erklärt und sie waren begeistert. Doch für uns entschieden haben sie sich, weil wir in Nürnberg eine Filiale eröffnen und somit vor Ort in Franken Arbeitsplätze schaffen wollten. Die Unternehmen wollen an ihrem Standort etwas zurückgeben. Das ist ein schlagendes Argument, auch aus CSR-Sicht. So lief es fast bei allen Niederlassungen.
- Das erste Land – Österreich. Damals hat uns die Stadt Wien dasselbe versprochen, was auch hier der Grund war, aus dem wir die Niederlassung eröffnet haben.
- Die Zusammenarbeit mit Fujitsu. Weil wir damals die Ausschreibung gewonnen haben, konnten wir Paderborn, Borchen und Sömmerda gründen. Paderborn und Sömmerda sind zu großen Niederlassungen geworden, in Borchen haben wir den Entsorgungsfachbetrieb, den keiner unserer Mitbewerber hat. Das ist sehr wichtig – denn beim größten Partner mit den besten Geräten werden immer auch kaputte Geräte dabei sein.
- Der Umzug der Zentrale in Ettlingen in das neue Gebäude vor fast vier Jahren. Gegenüber Besuchenden aus dem IT-Bereich können wir uns seither noch professioneller präsentieren, gerade hinsichtlich Datensicherheit & Co. Auch wenn platztechnisch die Kapazitäten schon fast wieder erschöpft sind.
Wie stehen die Chancen, dass es so erfolgreich weitergeht?
Es wird sicherlich immer schwieriger, das einzuschätzen. Das Lieferkettensorgfaltsgesetz ist womöglich nur der Anfang. In Frankreich sind Behörden verpflichtet, bei der IT-Beschaffung 20 Prozent Gebrauchtgeräte zu kaufen. Wenn solche Regelungen in Deutschland kommen, spielt uns das in die Hände.
Was bedeutet die Firma dir persönlich?
AfB ist für mich ein Lebenswerk. 20 Jahre habe ich in diese Firma investiert. Da gibt es einige Aspekte, auf die ich sehr stolz bin. Einerseits freut es mich, dass wir so schön gewachsen sind. Andererseits finde ich bemerkenswert, dass einige Kolleginnen und Kollegen seit Stunde null oder länger mit dabei sind. Sie haben AfB mit aufgebaut, nehmen zum Teil Führungsfunktionen ein. Darauf bin ich am meisten stolz. Denn diese Leute sind verdammt gut, sie haben mich immerhin 20 Jahre lang ausgehalten!
Obligatorische Frage zum Schluss: Was wünschst du dir für die nächsten 20 Jahre?
Was ich mir auf jeden Fall wünsche: dass wir die i500 in zwei bis drei Jahren umbenennen müssen in i1000, weil wir die 500 Arbeitsplätze längst geknackt haben.
Erstens, ich bin überzeugt: Unser Geschäftsmodell hat Potenzial, sowohl Unternehmen, als auch Politikum zu sein. Denn gibt es eine andere Firma, die 500 Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung bereitstellt, ohne Wohlfahrtsträger zu sein? Jede Firma sollte sich eines Tages fragen: Wieso gibst du deine Geräte nicht AfB? Hört sich undenkbar an, aber vieles war vor 20 Jahren unvorstellbar.
Zweitens: dass wir sämtliche Kriterien einer großen AG erfüllen. Das ermöglicht von außen nochmal eine andere Wahrnehmung – ein Inklusionsunternehmen als große AG, zusätzlich ökologisch. Das gibt es bislang noch nicht.
Drittens: dass sich das Führungsteam positiv weiterentwickelt, wie schon in den letzten Jahren. Auch, weil ich mich ja langsam, aber sicher auf die Rente vorbereite. Kollegiale Zusammenarbeit und Wertschätzung ist das Allerwichtigste!
Vielen Dank für das Gespräch!
Quelle: www.afb-group.de